Unser Mitglied Stephen-Hawking-Schule: Ein inklusives Spiel auf Augenhöhe

November 2017

Die drei besten Teams Europas als Gegner in den ersten Spielen, dazu noch ein aus gesundheitlichen Gründen reduzierter Kader: Unter diesen Bedingungen erkämpften die Frauen der deutschen Nationalmannschaft im Sitzvolleyball bei der Europameisterschaft den 8. Platz. Der Wettkampf fand im November in Kroatien statt. Salome Hermann, Spielerin von Anpfiff Hoffenheim e.V. und Nummer 4 in der deutschen Nationalmannschaft, war in Porec mit von der Partie. Die ergotherapeutische Fachlehrerin an der SRH Stephen-Hawking-Schule freut sich darüber, dass „wir uns von Spiel zu Spiel gesteigert haben“. Europameister wurden sowohl bei den Damen, als auch bei den Herren die Teams aus Russland, gefolgt von den ukrainischen Mannschaften. Im Interview erklärt Salome Hermann, was sie an dieser Sportart reizt. Mitspieler sind in Hoffenheim willkommen!

Was ist beim Sitzvolleyball anders als beim Volleyball?

Hermann: Wenig. Sitzvolleyball ist ein spannendes Spiel mit Speed und kann von allen, von Menschen mit und ohne Behinderungen, gemeinsam gespielt werden. Wir sitzen auf dem Hallenboden und spielen auf einer kleineren Fläche als die Standvolleyballspieler. Der Aufschlag darf direkt geblockt werden, Netzberührung gilt nur an der Netzkante, bei Frauen 1,05 Meter hoch, als Fehler. Ansonsten sind die Regeln gleich.

Wie sind Sie zu diesem Sport gekommen?

Hermann: Ich bin ein Bewegungsmensch. Als 12-Jährige hatte ich Krebs, mit 16 Jahren rettete eine Beinamputation mein Leben. Das war wortwörtlich ein „Schnitt“ für mich. Seit 16 Jahren bin ich geheilt und im Vergleich zu der Zeit der Erkrankung deutlich mobiler. Weil ich schon vorher Fußball gespielt hatte, habe ich nach der Rehabilitation mit Amputiertenfußball angefangen. Allerdings bin ich da die einzige Frau, körperlich kann ich mit den Männern im Fußball nicht mithalten. Als der Ex-Bundestrainer der Herren-Sitzvolleyballnationalmannschaft bei Anpfiff Hoffenheim e.V. 2014 eine Sitzvolleyballmannschaft gestartet hat, war ich sofort dabei. 2015 habe ich schon bei der EM in Slowenien teilgenommen. Damals erreichten wir den 5. Platz.

Die SRH Stephen-Hawking-Schule hat eine Kooperation mit Anpfiff ins Leben e.V., zu dem der Sportverein Anpfiff Hoffenheim gehört. Wie nehmen die Schüler die Kooperation im Sitzvolleyball an?

Hermann: Dieses tolle Angebot, das an der Stephen-Hawking-Schule maßgeblich durch meine Kollegen Silvia Beckort und Uwe Arnsberger gefördert wird, gibt es schon seit drei Jahren. Beim Verein „Anpfiff ins Leben“ wird es vom Bereich „inklusiv aktiv“ organisiert. Zwölf Schüler nehmen derzeit an Trainings- und Turniertagen in Hoffenheim teil. Für den Sitzvolleyball ist das eine Chance, leistungsstarke Schüler für den Behinderten-Leistungssport zu begeistern. Ich bin aus Zeitgründen nicht dabei, aber es ist mir ein großes Anliegen, die Schüler anzustoßen und zu sagen: „Sport macht dich stark!“ Ich selbst merke ja, wie toll es ist, Grenzen zu brechen. Mein Motto: Hindernisse sind dafür da, sie zu überwinden!

Sie arbeiten seit 2015 als ergotherapeutische Fachlehrerin an der SRH Stephen-Hawking-Schule. Wie reagieren die Schüler auf ihre sportlichen Ambitionen?

Hermann: Manche Schüler sind entmutigt, weil ihnen früher gesagt worden ist „das kannst Du nicht“ oder „das ist kein Sport für Dich“. Wenn sie merken, dass sie beim Sport Spaß und Erfolg haben, die Gemeinschaft spüren und auch, was das alles mit ihnen selbst macht, dann wirkt sich dies auch auf ihren Alltag aus. Sie geben sich nicht auf und versuchen hartnäckig, ihr Ziel zu erreichen. Von den Schülern, aber auch von den Eltern und Kollegen wird mir oft gespiegelt, dass bei mir die Schüler oft stärker die Zähne zusammenbeißen, wenn ich Ihnen sage: „Ich weiß, wie schwer es ist, wenn man zehnmal auf die Nase fällt und dann noch ein elftes Mal probieren muss. Sie strengen sich an, weil ich auch ein Handicap habe. Ich bin wie sie. Eine Mutter hat mir einmal gesagt, dass es schön sei, zu sehen, dass man trotz Handicap selbständig leben und im Beruf stehen kann. Das war mir nie so bewusst, denn für mich war es völlig normal, dass ich diesen Weg gehen werde. Als Mutter macht man sich natürlich Gedanken darüber, wie das wohl mit dem eigenen Kind einmal wird.

Wer kann denn beim Sitzvolleyball in Hoffenheim mitspielen?

Hermann: Alle Interessierten, einfach mal reinschnuppern. In Hoffenheim kann jeder mitspielen. Sitzvolleyball ist ein inklusiver Sport , wortwörtlich auf Augenhöhe, es gibt auch keine Altersgrenzen. Wir sind jetzt 18 Spieler dort und werden zeitweise zwei Gruppen bilden: eine für „Spielen aus Spaß“ und eine für „Leistungssportler“. Zur Konzeption von „Anpfiff ins Leben e.V.“ gehört, dass wir alle miteinander spielen. Die Trainingszeiten findet man auf unserer Website: www.anpfiff-hoffenheim.de.

In welcher Position spielen Sie? 

Hermann: Das entscheidet jeweils aktuell der Bundestrainer, Mats Gerhard. Ich spiele in letzter Zeit als Libera und wehre die Angriffe ab. Man muss da schnell sein, darf keine Angst vor dem Ball haben und auch nicht vor dem Boden, denn man fällt oft um. Aber ich bin – in jeder Hinsicht -  geübt im Aufstehen!

Vielen Dank für das offene Gespräch und viel Erfolg!

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