Unser Mitglied Stephen-Hawking-Schule: „Wir werden behindert“

März 2018

Raul Krauthausen kämpft gegen viele Barrieren. Diese sind alltäglich wie Briefkästen oder Bankautomaten, an die Rollstuhlfahrer nicht rankommen. Sie sind unverschämt wie die Hundehalterin, die ihren riesigen Hund den 83 cm großen Mann durchs Gesicht schlabbern lässt und sagt: „Der will nur spielen.“ Sie sind unüberlegt, wenn Erwachsene ihn wie ein Kind behandeln. „Seit ich einen Bart trage, ist das anders“, sagt er, „kürzlich hat mich ein Kind „Babymann“ genannt.“ Pointiert erzählt der Inklusions-Aktivist und Blogger Raul Krauthausen in der SRH Stephen-Hawking-Schule sowohl von seinen Erlebnissen als Mensch mit einer Behinderung, als auch von seinen Aktionen zur Inklusion. Titel des Vortrags: „Steh ein für DEIN Leben“.

Der Mitbegründer des gemeinnützigen Vereins „Sozialhelden“ setzt sich schon seit vielen Jahren für Inklusion und Behindertenrechte ein. Er will die „Menschen mit Behinderungen aus der Betroffenheitsecke herausholen“, denn es ist ein großer Unterschied, ob jemand behindert ist oder durch Treppen, kaputte Lifte, zu hoch angebrachte Schalter und unaufmerksamen Umgang behindert wird. Viele dieser Behinderungen lassen sich vermeiden, ist Raul Krauthausen überzeugt. Deshalb hat er mehrere Open-Data-Projekte (mit)entwickelt und während seines Vortrags vorgestellt. Die Schüler nutzen gerne seine digitale Karte „wheelmap.org“ und markieren darauf auch selbst rollstuhlgerechte Orte, Cafés oder Geschäfte im öffentlichen Raum. „Manchmal scheitert der Zugang für Rollstuhlfahrer nur an zwei Stufen“, bemerkt Krauthausen. Prompt hat er eine kostengünstige Motorradrampe als „Wheelramp“ umfunktioniert. Denn anerkannte Hilfsmittel, so kritisiert er deren Hersteller, seien oft wesentlich teurer als „ähnliche oder baugleiche Produkte ohne Hilfsmittelnummer, weil deren Kosten die Krankenkasse“ übernehme. Die Website „brokenlifts.org“ zeigt Aufzüge, die im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg gerade „außer Betrieb“ sind.

Als sein „Herzensthema“ bezeichnet Krauthausen, „wie Menschen mit Behinderungen in der Öffentlichkeit dargestellt werden“. Er hat das Portal „Leidmedien.de“ gestartet, das nicht nur Journalisten im (sprachlichen) Umgang mit Behinderten sensibilisieren soll. So seien Behinderte nicht unbedingt „krank“ und auch nicht an den Rollstuhl „gefesselt“. Damit nicht genug: Auf „gesellschaftsbilder.de“ gibt es authentische Fotos „auf Augenhöhe“ und keine, die wegen eines vermeintlich tollen Effekts eine Perspektive von ganz unten oder von oben herab zeigen. Noch eine Empfehlung gegen den „Stehtisch-Fetisch“, so Krauthausen: „Ramp-up.me“ ist ein Portal, mit dessen Hilfe Veranstaltungen barrierefrei gelingen können.

Krauthausens Botschaft „Nur durch Machen passiert etwas“ kommt bei den Schülern an. „Macht euch nicht klein“, empfiehlt er und stärkt ihr Selbstbewusstsein: „Lasst euch nicht sagen, was geht und was nicht geht. Das wisst nur ihr selber!“

Zurück